Fröbersgrün

Kunstmaler Paul Söllner

Paul Söllner - Selbstbildnis - Foto R. Dick

Paul Söllner wurde am 6. Juni 1877 in Jößnitz bei Plauen als viertes Kind und zweiter Sohn des Kirchschullehrers und Kantors Heinrich Söllner geboren. Seine Mutter, Henriette geb. Knüpfer, verstarb schon frühzeitig am 24. Juli 1881, als er erst vier Jahre alt war.

Paul Söllner wuchs gemeinsam mit seinen älteren Geschwistern Martha, Emil und Marie auf. Söllners Elternhaus war die alte Schule in Jößnitz, die noch heute nahe der Kirche an der Friedhofsmauer steht. Davon nicht weit entfernt, befand sich das Bauerngut seines Großvaters mütterlicherseits, Johann Gottfried Knüpfer. Auch dieser alte Bauernhof ist heute noch in Jößnitz zu finden.

Als Schüler besuchte er zunächst die Volksschule bis 1891 in Jößnitz, wo er von seinem Vater gelehrt wurde. Nach Abschluß der Volksschule in Jößnitz meldete sein Vater den jungen Paul 1891 an der Königlichen Industrieschule“ in Plauen an, die er mit der Ausbildung zum Musterzeichner abschließen konnte. Danach trat er als Volontär in das Atelier des Plauener Dekorations- und Kunstmalers Friedrich Rudolf Zenker ein.

Der junge Söllner strebte nach mehr und entschloss sich deshalb, ein Studium an der Kunstakademie in Dresden aufzunehmen. Der schlechte Gesundheitszustand seines Vaters hielt ihn zunächst noch davon ab. Erst nachdem sein Vater 1898 verstarb, bemühte sich P. Söllner um eine akademische Ausbildung, jedoch nicht mehr in Dresden, sondern in der Kunstmetropole München. Nach bestandener Aufnahmeprüfung nahm er 1898 an der Kunstakademie München ein Studium auf. Mit großem Ehrgeiz und Willen vertiefte sich Paul Söllner in sein Studium, dass ihm Anerkennung und Lob seiner Lehrmeister einbrachte. Gegen Ende seines Studiums in München erkrankte Paul Söllner an Tuberkulose in deren Folge er 1903 in seine vogtländische Heimat zurückkehrte. Hier erhielt er bei seinen Geschwistern Unterkunft. Es trat auch eine vorübergehende Besserung seines Gesundheitszustandes ein, die ihn veranlasste, einen viermonatigen Studienaufenthalt in Paris anzutreten.

Nach seinem Aufenthalt in Paris ließ sich der Maler zunächst in Plauen nieder, wo er in der Pausaer Straße 116 ein Atelier im Kellergeschoß anmietete. In seiner Plauener Schaffenszeit entstanden viele Skizzen und Bilder zu bekannten Plauener Bauwerken wie Malzhaus, Komturhof, Nonnenturm und Johanniskirche, um nur einige zu nennen.

Die 6. Auflage des von Plauenschen Lehrern bearbeiteten Buches „Unser Vogtland – Heimatkundliche Lesestücke für die Schulen des sächsischen Vogtlandes 1913“ wurde mit 19 Zeichnungen von Paul Söllner illustriert. Die meisten davon stellen ländliche Motive dar, wie z.B. ein Gehöft mit Teich, Bauer mit Pferd und Rind, die Kirche in Jößnitz, den Lochbauernhof, ein Brunnenhäuschen in Frotschau, die Ruine Liebau, den Burgstein und andere. Auch das „Mosenbüchlein“ von 1914 wurde von ihm künstlerisch gestaltet.

Paul Söllner setzte sich mit anderen Künstlern, vornehmlich aus dem Plauener Raum, dafür ein, dass vogtländische Kunstschaffen einem großen Kreis von Menschen zu erschließen. So gründete sich am 7. Dez. 1907 im Cafe „Trömel“ Plauen die „Vereinigung vogtländischer Schriftsteller und Künstler“ dabei wurde Paul Söllner als Beisitzer in den Vorstand gewählt. Später war er zeitweilig auch zweiter Vorsitzender.

Das feuchte Klima in seinem Kelleratelier in Plauen war für die Gesundheit des Malers so abträglich, dass sein nie ganz geheiltes Lungenleiden in den Jahren 1908/1909 erneut ausbrach und er deshalb seine künstlerische Arbeit wieder unterbrechen musste. In der Folge begab er sich in eine Lungenheilstätte nach Bad Sülzhayn im Südharz. Hier musste ihm ein kranker Lungenflügel entfernt werden. Nach einjährigem Aufenthalt in der Heilstätte, kehrte er danach, von seiner schweren Krankheit fast genesen, in seine Heimat zurück.

Um seine Gesundheit nicht wieder zu gefährden, sollte Söllner auf Anraten der Ärzte sein Kelleratelier in Plauen aufgeben und, wenn möglich, sich auf dem Lande niederlassen, was seiner Gesundheit dienlich wäre. Söllner befolgte den Rat und zog aufs Land. Er hielt sich zunächst bei seiner Schwester Marie Schultz und deren Mann Hermann in Fröbersgrün auf. Hier entschloss er sich, mit seinem Schwager Hermann Schultz zusammen, ein neues Domizil für sich und sein Schaffen zu errichten. Die Pläne für sein Haus, einem Landhaus mit einem „Nordlichtatelier“, wurden vom damals bekannten Plauener Architekten Emil Rösler im Dezember 1910 entworfen und schon am 2. Juni 1911 fand die Bauabnahme statt. Im Herbst des gleichen Jahres bezog dann Paul Söllner gemeinsam mit seinem Schwager Hermann Schultz und dessen Frau Marie das neue Haus. Sein Schwager, der wohl auch der Finanzier des Hauses war, verstarb bereits 1930. Dessen Frau Marie führte den Haushalt ihres Bruders Paul bis zu ihrem Tod im Januar 1945.

Der Gesundheitszustand des Malers verbesserte sich in dieser ländlichen Umgebung immer mehr, sodass er später wieder Reisen unternehmen konnte. Diese führten ihn meist in die deutschen Alpen, nach Franken und auch nach Italien.

Mit Rückblick auf seine künstlerische Tätigkeit in Plauen zu Beginn des 20. Jhd., wo sich Plauen, auf Grund der sich stürmisch entwickelnden Textilindustrie, zu einer Großstadt mit über 100.000 Einwohnern entwickelte, bemerkte er einmal:

„Willst in Plauen du gedeihn

Mußt ein Stück Maschine

Von der Stickmaschine sein.“

 

1912 wurde in der Plauener Kunstschule eine große vogtländische Kunstausstellung durchgeführt, auf der auch Werke von ihm ausgestellt waren. Spätestens jetzt wurde der Name des Kunstmalers Paul Söllner weiteren Kreisen bekannt. Der sechsunddreißigjährige Kunstmaler fand 1913 auch eine würdigende Aufnahme in das Buch von Dr. Max Zschommler:

„Interessante und berühmte Vogtländer ein Ehrenbuch des Vogtlandes“, Plauen 1913.

Zu einer Ausstellung der Malergruppe „Vogtland“ 1927 im „Vogtländischen Kreismuseum Plauen“ gehörte auch Paul Söllner, der hier mit anderen Malern dieser Gruppe, wie Albin Schlehahn, Albin Enders, Paul Winslöw, Richard Sachs und anderen, seine Gemälde zur Ausstellung brachte. Zehn Jahre später, 1937, nachdem sich die politischen Verhältnisse in Deutschland grundlegend verändert hatten, war Paul Söllner wieder an einer großen Ausstellung vogtländischer und thüringer Künstler in Greiz beteiligt. In einer Nachbetrachtung der Greizer Zeitung vom 7. und 8. Juni 1937 zu dieser Kunstausstellung im Greizer Sommerpalais, die am 60. Geburtstag von Paul Söllner eröffnet wurde, heißt es u.a.: „… Gipfel seines Schaffens sind die vogtländischen Bauern und Bäuerinnen, und keiner hat wohl so tief in die Seele des Vogtländers geschaut und ihren Wesenszügen Ausdruck zu geben vermocht, wie er. Der Menschenschlag, zu dem er als Jößnitzer Kantorssohn selbst gehört und dem er in seinem Wesen und in seiner Kunst die Treue hielt, lebt in diesen Bildnissen weiter …“

Söllner selbst legte keinen Wert auf öffentliche Auftritte und persönliche Popularität und Ehrungen. Oft trat er nur auf äußerstes Drängen hin in der Öffentlichkeit auf. So mußte man auch zu der Ausstellung von 1937 feststellen: „… leider hatte der 60jährige Paul Söllner aus Fröbersgrün, der am gleichen Tage seinen Geburtag feiern konnte und dessen Bilder in der Schau einen breiten Rahmen einnehmen, zur Eröffnung nicht erscheinen können.“

Paul Söllner blieb jedoch dieser Veranstaltung ganz bewußt fern, denn die von den Nationalsozialisten angedachte Ehrung anlässlich seines 60. Geburtstages an diesem Tag war ihm völlig zuwider. Er fühlte sich von diesem System so sehr abgestoßen, dass er einmal äußerte: „Nicht ohne Bitterkeit muß ich oft denken, dass ich in freundlicheren Verhältnissen hätte mehr leisten, der Heimat und dem Vaterland besser dienen können.“

Der Kunstmaler lebte in bescheidenen Verhältnissen, die auch darin begründet waren, dass er aus dem Erlös seiner Bilder geradeso seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. In dieses Bild passt auch eine Notiz, die der Maler auf den Tag genau zehn Jahre vor seinem Tod anläßlich einer Restaurierung auf die Rückseite seines wohl großformatigsten Bildes von 1913 „Königsempfang“ schrieb: „Läßt man den Maler zu Grunde gehen, Mag`s mit dem Bilde auch geschehn!“

Der eher zurückgezogen lebende Künstler gönnte sich in seinem Dasein nur sehr wenig Abwechslung. Nur samstags besuchte er fast regelmäßig das Cafe „Trömel“ in Plauen, sowie ab und an Freitagabend die allseits bekannte Gaststätte „Einkehrstätte Schöpsdrehe,“ den Einheimischen wohl besser unter dem Namen „Flieger-Ella“ bekannt. Hier wird wohl der Vierzeiler über einen Junggesellen entstanden sein:

„Wohl hab ich Supp, Wein, Braten, Fisch

Doch niemals Blumen auf dem Tisch

Brummt der Junggeselle, der Herr Bartel

Und ging ins Wirtshaus soff 12 Quartel.“

 

Die Wirren des 2. Weltkrieges haben auch um den Kunstmaler keinen Bogen gemacht. Das Haus des Malers (heute in Privatbesitz) war zeitweilig von vier Familien mit insgesamt zwölf Personen in den Jahren 1944 bis 1947 bewohnt. Diese Familien teilten sich drei Wohnräume und eine Küche. Ein künstlerisches Schaffen war unter diesen Umständen fast nicht mehr gegeben. Auch Malfarben und andere Materialien waren kaum noch zu beschaffen. All diese Umstände haben wohl dazu geführt, dass sich der Gesundheitszustand des Malers zusehends verschlechterte und seine alte Lungenkrankheit wieder ausbrach. Am Montag, den 28. April 1947 ist Paul Söllner an seinem Leiden, im siebzigsten Lebensjahr stehend, in Fröbersgrün in seinem Haus verstorben. Er wurde am Freitag, den 2. Mai 1947 14.00 Uhr auf dem Friedhof in Fröbersgrün unter großer Anteilnahme der Fröbersgrüner Einwohner beerdigt.

Paul Söllner hinterließ ein reiches künstlerisches Werk, das vornehmlich aus malerischen Arbeiten besteht, hinter dem die Grafik zahlenmäßig zurücktritt. Ein großer Teil der meist signierten, häufig aber nicht datierten Bilder befindet sich heute im Museum der Burg Mylau, im Heimatmuseum Greiz, vor allem aber im Vogtlandmuseum Plauen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil seiner Bilder ist weit verstreut und befindet sich in Privatbesitz.

Postume Ehrungen erfuhr Paul Söllner im Dezember 1947 mit einer Gedächtnisausstellung im Sommerpalais Greiz und in den Jahren 1991/1992 durch die Benennung von Straßen in seinem Geburtsort Jößnitz und in Plauen. Die Erinnerung an unseren großen vogtländischen Heimatmaler Paul Söllner wurde besonders durch unser Vogtlandmuseum Plauen mit Ausstellungen und Veröffentlichungen zu Leben und Werk des Künstlers wachgehalten. Auch im Museum Burg Mylau sind in einer kleinen Bildergalerie einige Werke Paul Söllners ständig zu sehen. Die künstlerische Bewertung des Werkes von Paul Söllner sei Dipl. phil. Frank Weiß, Plauen, überlassen, der dazu u.a. ausführt: „… inhaltlich steht das Vogtland im Mittelpunkt Söllnerschen Schaffens …“

Eine wichtige Voraussetzung hierzu war auch der ständige Wohnsitz in dem bäuerlich geprägten und landschaftlich schön gelegenen Fröbersgrün . Das Vogtland bildete die reiche Quelle seines künstlerischen Schaffens – die Landschaft als Stimmungsträger im Wechsel von Witterung und Jahreszeiten und die Vogtländer, die Söllner am ausgeprägtesten unter der Landbevölkerung fand. Dem talentierten, grüblerischen, suchenden Künstler gelangt es, in das Wesen der darzustellenden Menschen oder Landschaften einzudringen und sie in schlichter, herber Weise glaubhaft zu gestalten, ohne in platten Naturalismus zu verfallen.

In seinen besten Porträts erreichte er eine ungeschminkte Tiefe und Wahrheit, die beispielhaft ist und die stille Größe des arbeitenden Menschen zeigt. Söllner gab die Dargestellten in ihrer ganzen Menschlichkeit wieder. Charaktere, wie er sie sah und kannte, ohne zu beschönigen. Am besten gelang ihm das vielleicht bei den Alten, die gezeichnet sind von einem langen schweren Leben, das harte Arbeit, Entbehrungen, manche Freude und manchen Schicksalsschlag enthielt. Hier wurde er zum Menschenbildner im besten Sinne, der über den Bauernmaler hinausweist …“

 

Vogtländische Heimatblätter 1/1982)